Nun wissen wir es ganz genau: In der Kirche Rickenbach, bald in der Stadtkirche und sogar in Wülflingen stehen Automaten, die Segen spenden.
Wer darüber irritiert ist, dem kann man entgegenhalten: Wo ist denn der Unterschied zwischen einem Gottesdienst als Live-Stream, dem Abendmahl zum Zusehen und dem Segen aus der Dose?
Vielsprachig, politisch und gendertechnisch korrekt, auf Mundart oder Schriftsprache soll sich die Klapperkiste dem Besucher zuwenden.
Der rührige Roboter, der mit seinen leuchtenden Händen und dem Bildschirmgesicht aussieht wie aus dem Fundus der Übrigbleibsel eines Deutschen Kirchentages oder wie wenn ihn Primarschüler gebastelt hätten, soll dem Vernehmen nach seinen Dienst noch lange bei uns in der Schweiz tun.
Dass die Rickenbacher Pfarrerin Elke Räbiger damit eine ernsthafte Auseinandersetzung über Künstliche Intelligenz und den Einsatz von Robotern und Automaten in unserem Alltag initiiert, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.
Spätestens dann, wenn Tele Züri und der Blick den Witz wittern, macht man sich eher selbst lächerlich, als ernsthaft etwas zu denken zu geben. Das ist natürlich schade.
Wirklich ärgerlich ist aber, dass man sich als Kirchbürger, Christ oder einfach als normaler Mensch so veräppelt vorkommt. Wenn eine zugewanderte deutsche Pfarrerin meint, mit einer Schrottkiste den Winterthurern Segen verteilen zu wollen, müsste eigentlich jemand Halt rufen. Ist aber nicht passiert. Offenbar findet man in gewissen Kreisen das doch toll und cool.
Noch schlimmer ist, dass die hochgeachtete Frau Kollegin offenbar theologisch um das Thema Segen – freundlich formuliert – etwas unterdotiert ist.
Schon ein Blick in die ersten Bücher der Bibel hätten ihr zeigen müssen, dass Segen im Alten Testament eine Grundkategorie des Verhältnisses von Gott und Mensch ist. Segen spendet Gott – oder stellvertretend ein Mensch für Gott –, oder eben auch nicht. Segen ist keine Warmwasserdusche und schon gar nicht ein Wellness-Event. Segen meint Verpflichtung, Gebot, Ausrichtung des Lebens. Nicht selten wurde er ganz materiell verstanden: Segen hat direkte Auswirkungen. Um Segen wurde gerungen. Esau bekommt den Segen nicht, weil sein Bruder Jakob ihn übervorteilt – und sein Vater Isaak kann das nicht rückgängig machen.
Kain hätte gerne den Segen und die Zuwendung Gottes erhalten – aber Gott gab ihn seinem Bruder. Und wir wissen, was daraus folgte. Mit Segen oder vorenthaltenem Segen ist nicht zu spassen.
Segen ist real und kann Menschen verändern. Er lässt sich nicht delegieren.
Unvergesslich die Momente als Feldprediger, wenn man mit seinem katholischen «Gspänli» in der Innerschweiz unterwegs war und der Priesterkollege von einem Bauern gebeten wurde, doch vor dem Weiterfahren «noch schnell» den Stall und das Vieh zu segnen. Segen ist für den gläubigen Menschen etwas Reales, das wie ein Medikament wirkt und Folgen zeigt. So hat zumindest das Alte Testament Segen verstanden. Segen hat einen direkten, unmissverständlichen Zusammenhang mit dem Leben: Leben segnet Leben. Gott segnet das Leben. Unlebendiges kann kein Leben segnen. So einfach ist das.
Und das zweite: Segen kann verweigert werden. Es gehört dazu, dass derjenige, der segnet, auch segnen will. Es gibt im Christentum keinen Anspruch auf Segen. Darauf deutet noch unsere Sprechweise, wenn wir sagen: «Darauf liegt kein Segen.»
Segen ist nicht eine magische Handlung, die wie in Harry Potter aus dem Zauberstab und mit einem Zauberwort vor sich geht. Sondern Segen bezieht den Spender und den Empfänger immer in das Dreieck mit Gott ein. Und das meint: Gott kann zu dem, was wir tun und wollen auch nein sagen.
Auch wir Menschen können dem Nächsten Segen verweigern: Nein, ich finde das nicht gut, was du tust.
Der Unterschied zwischen dem Kaffeeautomaten und Gott ist eben der: Die Kaffeemaschine schäumt den Kaffee auf meinen Wunsch heraus – solange Wasser, Bohnen und Strom da sind. Gott muss nicht auf meinen Wunsch hin einfach das segnen, was ich will. Sonst wäre er nicht Gott. Ich kann ihn bitten, zu ihm beten – aber Gott ist keine Kaffeemaschine.
Darum ist es auch klar, dass es völlig untauglich, ja geradezu dumm ist, mit einem «Segensroboter» über künstliche Intelligenz oder sonstige Folgen der Digitalisierung zu philosophieren. Es ist ganz einfach der falsche Anlass und die verkehrte Methode. Gut gemeint, aber in die Hosen gegangen. Wer Gott zur Kaffeemaschine oder zum Segensroboter degradiert, handelt blasphemisch – gotteslästerlich. Nicht, dass Gott das kümmern würde, doch er macht das, was wir unter Gott verstehen, völlig irrelevant, zu einem billigen Gegenstand, zum Kaffeeautomaten.
Und zum dritten: Was die Frau Collega völlig unterschätzt, ist das Geringschätzen des Segens, das sie impliziert. Wer derart lächerlich über Segen spricht, wer ihn zu einem tumb-blöden Anlass für andere Themen macht, der verletzt alle die Menschen, die sich ernsthaft und nach Trost und Zuwendung sehnend an Gott wenden. All die Kranken, Verlassenen, Geängstigten und Verschreckten werden mit so einem billigen Mist nicht ernst genommen. Noch schlimmer: Man sagt ihnen: Der Kirche seid ihr egal. Wir kümmern uns um die grossen, technischen Dinge, um den Segensroboter!
Wenn Pfarrerinnen glauben, mit solchem Tun noch Menschen in die Kirche zu locken, dann gehört dieser Blechkiste das Stromkabel gezogen. Man kann ehrlicherweise darüber nur den Kopf schütteln und den Zustand dieser Kirche bedauern.
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