Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; Gottes Ackerfeld und Gottes Bau seid ihr. 10 Gemäß der Gnade Gottes, die mir gegeben wurde, habe ich als kundiger Baumeister das Fundament gelegt, ein anderer baut darauf weiter. Jeder aber sehe zu, wie er darauf weiterbaut! 11 Denn ein anderes Fundament kann niemand legen als das, welches gelegt ist: Jesus Christus. 12 Ob nun einer mit Gold, Silber, Edelsteinen, Holz, Heu oder Stroh auf dem Fundament weiterbaut — 13 eines jeden Werk wird offenbar werden, denn der Tag des Gerichts wird es ans Licht bringen, weil er sich im Feuer offenbart: Wie eines jeden Werk beschaffen ist, das Feuer wird es prüfen. 14 Hat das Werk, das einer aufgebaut hat, Bestand, so wird er Lohn empfangen. 15Verbrennt sein Werk, so wird er Schaden erleiden — er selbst aber wird gerettet werden, freilich wie durch Feuer hindurch. 16 Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und dass Gottes Geist in euch wohnt? 17Wer den Tempel Gottes zerstört, den wird Gott zerstören; denn der Tempel Gottes ist heilig — und das seid ihr. 1. Korinther 3
Friede sei mit euch von dem, der da ist und der da war und der da kommt. Amen.
Liebe Gottesdienstgemeinde, liebe Freunde
„…man weiss nicht, was man heute glauben soll.“ – dieses Bonmot habe ich schon bei der Konfirmationsrede benutzt. In der einen oder andern Form hört man das immer wieder.
Doch es wie bei vielen geflügelten Wörtern ereignen sich dabei im Lauf der Zeiten Bedeutungsverschiebungen.
Früher galt es als Ausdruck des Kopfschüttelns angesichts einer Vielzahl von Meinungen und Berichten, oft über Unglaubliches, Sensationelles. Zuviel wird berichtet, wer behält da noch die Übersicht?
Doch in religiös vermeintlich unübersichtlicher oder nebliger Zeit bekommt das Wort einen neuen Anstrich. „…man weiss nicht, was man heute glauben soll“ ist jetzt nicht mehr Ausdruck verwirrten Staunens, sondern Feststellung. Man weiss doch nicht mehr, was man glauben soll. Und ja, es ist auch nicht so wichtig.
Hauptsache schön verschieden sind die Meinungen und Hauptsache, was du glaubst, entspricht dir total ganz. Hauptsache du. Hauptsache etwas anders, als der neben dir, Hauptsache divers.
Mit Blick auf die alten Berichte der Bibel, mit Blick auf Paulus müsste man aber sagen: Doch, das weiss man. Man weiss, was man glauben soll.
Gewiss, wird man jetzt einwenden: Damals war das noch möglich. Die Menschen waren ja unaufgeklärt, technisch nicht versiert und sie hatten nicht einmal Internet. Ja gibt es denn sowas? Wie konnte man vor 2000 überhaupt überleben.
Die Welt, in die der Apostel Paulus seinen 1. Korinterbrief schrieb, war allerdings schon damals schön divers. Die von den Römern 146 v.Chr. zerstörte alte griechische Stadt Korinth – weil die Griechen meinten, man könnte mit dem Achäerbund nochmals an Alexander der Grossen anknüpfen und mit Hilfe eines Papiers Grossmacht spielen – diese Stadt wurde 100 Jahre nach ihrer Zerstörung wieder aufgebaut. Auch unter römischer Aufsicht, weil es eben am Golf von Korinth eine Stadt brauchte. Und sie wurde gleich zu einem Schmelztigel von allem, gleichwohl Sinnvolles wie Sinnloses traf sich dort.
Und schon Paulus merkte sehr früh, dass das in aller netter Diversität nicht funktioniert. Zuviele Selbstbezüglichkeiten, zuviele Ichs, die sich überall einbringen wollten und ihre Bedürfnisse artikulierten. Es brauchte ein Besinnen auf die Grundlage, um der Gemeinde das Überleben zu ermöglichen.
Nun hätte man ja schon vor 2000 Jahren auf die Idee kommen können, auf die heutige Juristen und Verwaltungsmenschen kommen: Rechtsgrundlagen! Dokumente! Konzepte! Wir schreiben etwas, und das ist dann die Grundlage und wir berufen uns darauf. Im Umkehrschluss: Was nicht festgeschrieben ist, existiert nicht oder darf nicht sein. Man muss es schnellstens Legalisieren.
Oder man hätte auch auf die Idee kommen können, die heute die reformierte Kirche beherzigt: Zusammenschluss, Reorganisation! Statt einer Gemeinde in Korinth hätte Paulus gleich eine Gemeinde für ganz Griechenland gründen können. Athen, Ephesus, Korinth und die paar Versprengten in Galatien – nur um die Orte zu nennen, die Ihnen vielleicht im Neuen Testament schon einmal begegnet sind.
Denn, wie heisst es so schön in den Werbebekundungen der Winterthurer Fusionsbefürwortern: Grössere Struktur schafft neue Möglichkeiten! Man kann plötzlich über grössere Mittel verfügen und spontan und adäquat einsetzen. Also zum Beispiel hätte dann Paulus total zeitnah (mein Lieblingsunwort! Es ist dumm) eine Gemeinde am Hafen von Korinth gründen können – für Seeleute.
Er hat es nicht gemacht. Paulus pfeift auf Strukturreformen und beginnt beim Menschen.
Paulus erklärt dem Menschen, wer er ist. Du bist Mitarbeiter Gottes. Wir sind Gottes Acker. Und wir sind Gottes Bau.
Gott baut mit dir. Er verändert dich. Und er verlangt von dir, dass du dich auch engagierst.
Paulus spricht gerade nicht davon, dass du dich einbringst und so total gut und willkommen bist, wie du bist. Nein, er will dich verändern. Paulus verheisst für den Christen nicht eine Null-Aufwand-Diät, die dir dein Lieblingsgewicht beschert und so total easy ist.
Er sagt zu dir:
1. Verlangt Gott, dass du arbeitest.
2. Wirst du dich verändern.
3. Gilt der Grundsatz: Alles kann nur auf dem Boden Christi geschehen.
Christus ist das Fundament. Das meint nicht Jesus, der nette Prediger aller Wellnessheiten. Das meint nicht der grenzenlose Gott der Liebe, die dich so total umfängt. Das meint nicht der nette Geschichtenonkel, der dir die Bilderbibel zum Einschlafen vorliest.
Es meint der auferstandene Christus, der dich rettet. Der etwas mit dir vor hat. Den die Christen spüren sollen. Der deinen Glauben lenkt und richtet. Und ja: Der den Menschen als Sünder nimmt und rechtfertigt. Böses Wort! Ganz politisch unkorret, völlig unverständlich: Sünder. Sünde. Böse böse böse.
Doch Sünde meint: Erstens bist auch du selbstbezüglich, auf deinen Erfolg aus und egoistisch. Das ist schon Sünde. Zweitens, theologisch gut gebildet, meint es Gottesferne. Versteht niemand. Meint aber: Gott ist dir egal, es sei denn, du liegst im Notfall des KSW.
Für Paulus ist aber die Rettung Christus, der dir das gibt und schenkt, das dich hält, auch wenn alles andere zusammenbricht. Siehe Murgänge und Wassergetöse – im Bild des Paulus das reinigende Feuer. Nicht hat der Mensch an Beständigkeit zu bieten – alles zerfällt.
Es zerfallen letztlich Strukturen und Verwaltungsgrössen – obwohl das niemand glauben will. Denn wir glauben ja eben an diese Strukturen und Zuständigkeiten. Wir glauben an das BAG statt an den gesunden Menschenverstand. Doch all das zerfällt. Verbrennt. Wird in Nichts Komma null von einem Bergsturz weg gefegt.
Für Paulus sind aber wir der Bau Gottes, der auch dann Bestand haben soll, wenn alles schwindet und den Bach hinunter geht.
Du bist der Tempel Gottes. Tempel meint nicht das Gebäude, das voller Räucherstäbli wölkt und schön garniert ist. Tempel meint die Anwesenheit Gottes. Wer auf die Anwesenheit Gottes pfeift, der wird Gott in der Tat vergessen – zerstören wie es am Schluss heisst.
Denn Gottes Gegenwart ist heilig und wer glaubt, nimmt Gott in seiner Heiligkeit auf. Das mag irritieren und vielen schräg vorkommen.
Doch andererseits nehmt ihr alles mögliche in euch auf und versteht es nicht. Schüsslersalze, Homöopathie, ihr macht alle Arten von Kuren und reinigt euch innen und aussen. Vom Darm bis zu den Haaren.
Ihr schluckt Pillen, von denen fast gar niemand versteht, warum sie wirken, nützen und nicht schaden – auch Ärzte und Apotheker oft nicht, denn es ist komplex.
Und ihr verweigert euch dem Trinkwasser, weil es vermutlich Chlorothalonil-verseucht ist, das niemand, aber auch gar niemand vor wenigen Monaten kannte…
Aber ihr versteht nicht, warum man Gott nicht auf aufnehmen kann und in sein Innerstes lassen. Das ist die Tragik des modernen Menschen. Für Paulus war das nicht das Problem: Er rät jedem Christen, selbst der Tempel zu sein, Gottes Haus, das von Gott bewohnt und regiert wird.
Niemand war je so revolutionär wie dieser Paulus, die Konsequenz aus Jesu Lehre und seiner Gotteskindschaft zu ziehen: Wenn Christus der Sohn Gottes war und wenn er auferstanden ist, damit wir leben, dann nimmt Gott in jedem von euch Platz und Raum ein.
Ja, man weiss, was man heute glauben soll. Wie vor 2000 Jahren, dass Gott Einlass begehrt, dass er dich rettet und rechtfertigt – für dich da ist. Und du ihn zu dir nimmst, wie meinetwegen Schüsslersalz und Vitamine. Aber mit Sicherheit von grösserer Relevanz.
Amen. Amen.
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