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Meditation zum Sonntag Kantate am 10. Mai 2020

Aktualisiert: 10. Mai 2020

Wochenspruch:

Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder.

Psalm 98,1

So wurde die ganze Arbeit zu Ende gebracht, die Salomo für das Haus des HERRN ausführte, und Salomo brachte die heiligen Dinge Davids, seines Vaters, das Silber und das Gold und all die Geräte, er legte sie in die Schatzkammern des Hauses Gottes. 2 Damals versammelte Salomo die Ältesten Israels, alle Stammeshäupter, die Fürsten der Familien der Israeliten in Jerusalem, um die Lade des Bundes des HERRN heraufzuholen aus der Stadt Davids, das ist Zion. 3 Und alle Männer Israels versammelten sich um den König am Fest, es war der siebte Monat. 4 Und alle Ältesten Israels kamen, und die Leviten hoben die Lade auf, 5 und sie trugen die Lade hinauf, das Zelt der Begegnung und alle heiligen Geräte, die im Zelt waren. Die Priester und die Leviten trugen alles hinauf. […]

11 Als aber die Priester aus dem Heiligtum traten — denn alle Priester, die anwesend waren, hatten sich geheiligt, ohne dass man hätte auf die Abteilungen achten können —, 12 und als die Leviten, die Sänger waren, sie alle, Asaf, Heman, Jedutun und ihre Söhne und ihre Brüder, in Byssus gekleidet, mit Zimbeln und Harfen und Leiern östlich vom Altar standen, und mit ihnen hundertzwanzig Priester, die die Trompeten bliesen, 13 und als die Trompeter und die Sänger wie ein einziger Mann eine einzige Stimme anzustimmen hatten, um den HERRN zu loben und zu preisen, und als sie einsetzten mit Trompeten und mit Zimbeln und mit anderen Musikinstrumenten und als sie den HERRN lobten: Ja, er ist gut; ja, ewig ist seine Güte!, da wurde das Haus von einer Wolke erfüllt, das Haus des HERRN. 14 Angesichts der Wolke aber konnten die Priester nicht hinzutreten, um den Dienst zu verrichten, denn die Herrlichkeit des HERRN hatte das Haus Gottes erfüllt.


2. Chronik 5, 1-14

Liebe Freunde, Brüder und Schwestern im Glauben!

In Zeiten, wo grosse Feste und rauschende Bälle nicht stattfinden dürfen, alle Festivals und Openairs abgesagt sind und wir nicht einmal wissen, ob es dann im nächsten Herbst bereits wieder eine neue Saison gibt, folgt mit dem langen Abschnitt aus dem Alten Testament eine Kontrasterfahrung: Der Bericht über einen riesigen Anlass in Jerusalem, ein Fest, an das man sich noch nach Jahrtausenden erinnert – die Einweihung des ersten Tempels. Das Fest schlechthin, die Mutter aller Events, quasi der Traum aller Organisatoren. Die Eröffnung des Hauses Gottes.

Nun haben es ja Einweihungen und offizielle Akte wie fast alle Feste und Jubiläen in sich. Zum einen ist ja punkto Planung eigentlich alles möglich und nur das jeweilige Budget setzt die Grenzen: Es geht immer mehr, man kann alles immer grösser und luxuriöser anrichten, ein Buffet lässt sich beliebig exotischer oder teurer gestalten, Weine und Tranksame kennen keine Grenzen und jede (neudeutsch so genannte) Location kann wie im Märchen aufgehübscht werden. Fehlen nur doch die Darbietungen, die Musik und natürlich die Auswahl der Gäste. Das alles verlangt nach Geschick, Erfahrung und Connections. Dass viele Hochzeitspaare heute für ihr Fest – das übrigens ja nur noch selten auch kirchlich begangen wird, weil vermeintlich einschränkend! – Wedding-Planerinnen anstellen, spricht Bände.

Denn: Indem man die Planung in die Hand von Berufs-Event-Fachleuten gibt, vermeidet man vermeintlicherweise grobe Peinlichkeiten. Es wird dann an alles gedacht, doch die Anlässe werden auch stereotyp. Es gleicht sich alles. Jedes noch so kleine Dorfhochzeit wird zum Hollywood-Ereignis.

Zum andern ist allen immer klar: Das Eigentliche spielt sich selten auf der Ebene der Organisation ab, sondern daneben und dazwischen. Zwischen den Gästen, wer da wem begegnet und wo es knistert und funkt. Denn darum geht man ja immer auch an grosse Anlässe, es geht um das Sehen und Gesehen-Werden. Und wehe denen, die nicht daran denken, dass die Tante X es noch nie mit dem Onkel Y gekonnt hat und es immer wieder zu den gleichen Eskalationen kommt…

Dass das nicht eine neue Erscheinung ist, sondern vermutlich so alt wie die ersten Hochkulturen, das zeigt der Bericht über die Einweihung des ersten Tempels in Jerusalem. Schon da wurde an nichts gespart und schon da knisterte und rumpelte es gehörig. Denn darum wurde der Bericht in der jüdischen Bibel nämlich aufbewahrt.

Immerhin: Nach Jahren und Generationen der Migration und Wanderung hat die Bundeslade Gottes nun endlich in Jerusalem ein Zuhause gefunden. Gott zieht in sein Zentralheiligtum ein – an und für sich ja nicht zu überbieten, heisst es doch: Gott lässt sich nieder. Gott verspricht sich nicht nur seinem Volk, sondern auch seinem Land und einem Ort. Dass in Jerusalem seit bald 3000 Jahren nun um Einfluss und Geltung zwischen den grossen Religionen gestritten wird, ist nicht belanglos. Sind wir ehrlich, dann müssen auch beinharte Atheisten anerkennen: Die Energie, die die grossen Religionen um ihre heiligen Orte aufzuwenden wissen, die sprengt noch jede andere weltliche Errungenschaft. Da können sämtliche Weltmeisterschaften, Konzerne und Ideologien einpacken. Nichts, gänzlich überhaupt nichts hat dieser Länge, Geschichte und Tradition die Stirne zu bieten, wie die grossen Religionen um den physischen Ort ihrer Heiligtümer ringen.

Andererseits: Es spricht nicht unbedingt für die Friedfertigkeit der Religionen, dass sie sich vor allem um Tempel, Orte und Lokalitäten streiten. Das zeugt vielleicht doch auch von eher irdischen als himmlischen Interessen. Wie auch immer. Das Tempelweihefest in Jerusalem wurde gelinde gesagt legendarisch.

Vieles gäbe es dazu zu sagen. Ein Punkt wäre die schiere Menge an Trompeten, geblasen von Priestern. Nicht auszudenken, was heutige Ohren zum Klang von 120 Trompeten sagen würden – ich bin mir nicht so sicher, dass sich das so sehr von einem – sagen wir Heavy-Metall-Festival – unterscheidet. Gewöhnungsbedürftig, gewiss. Viel wichtiger aber: Den Priestern wird die Rolle der Dekoration zugeteilt, sie sind für einmal nicht die Hauptpersonen.

Natürlich, sie tragen gemeinsam mit den Leviten, also den für den Tempeldienst bestimmten Nachkommen von Levi, die Gerätschaften in den neuen Tempel. Doch dann werden bloss die Nachkommen des Hauses Levi genannt. Die Profis gehen leer aus. Ihnen bleibt lediglich die Rolle der Musikanten. Sie spielen Trompete.

Die wirkliche Musik spielen andere, auf Zimbeln und weiteren Instrumenten. Und dann, im entscheidenden Augenblick, so heisst es im Bericht, tritt Gott hinzu. In Gestalt der Wolke. In Gestalt genau der Wolke, die Israel seit Jahren schon begleitet, in der Wüste geleitet, durch alle Gefahren und Schrecknisse geführt hat. Dieselbe Wolke setzt sich nun nicht einfach über das Haus, sondern füllt es aus.

Man kann diese Zeilen nicht genug betonen: Da wird über Jahre gebaut und ein Tempel errichtet. Man scheut weder Kosten noch Aufwand, holt gar die alten Gerätschaften und die legendäre Kiste, die Bundeslade, mit den Steintafeln herbei und führt alles in das Haus. Wohlgemerkt: Dieselbe Truhe mit den Steintafeln, die in den nächsten Jahrhunderten schlichtweg verloren und vergessen gehen wird. Nichtsdestotrotz schildert der Bericht den gigantischen Aufwand, dass ja alles seinen richtigen Platz bekommt.

Doch im entscheidenden Augenblick, wo Gott tatsächlich sich seines Hauses annimmt, hüllen die Wolke und der Rauch alles ein. Es wird derart dunkel und stickig, dass die Priester unmöglich irgendeinen Dienst verrichten können und vermutlich kein einziger der Musikanten noch überhaupt seine Finger auf der Trompete sieht.

Wo Gott erscheint, da verlieren die Menschen die Orientierung.

Der Bericht von gewiss über 2 ½ Tausend Jahren ist darum so beachtenswert, weil er die menschlichen Bemühungen, Planungen und Ideen schlechterdings über Bord wirft. Wo Gott erscheint, da taugen alle Wedding-Planerinnen und Event-Konzepte nicht mehr. Wo Gott erscheint, da zeigt sich die Welt völlig neu. Da hilft kein Bundesrat noch Pandemie-Stäbe oder Krisen-Delegierte. Denn Gott definiert selbst. Er zeigt sich. Er ist da.

Und das zweite, das total erstaunlich ist: Die düpierten Profis, Zuständigen und Experten beklagen sich im Bericht gar nicht. Bei uns würde vermutlich sofort ein Wehklagen ansetzen, schöner ginge nicht. Denn wenn Gott so als Wolke erschiene, wer hätte da sich nicht alles zu beklagen. Denn ein Gott kann sich doch nicht einfach so und ohne Anmeldung als Rauch und Wolke zeigen. Es gibt Vorschriften, Regelungen, Handlungsanweisungen. Und: Bei uns meldet man solche Erscheinungen geflissentlich an!

Doch die Beteiligten in Jerusalem brechen über die Präsenz Gottes in Jubel aus. „Ja, ewig ist seine Güte!“, rufen sie begeistert aus.

Statt sich zu beklagen, statt über das völlig schief gelaufene Fest und die komplett aus dem Ruder geratene Einweihungsfeier zu klagen, loben die Beteiligten Gott und sein direktes Eingreifen und Erscheinen.

Alles geht in die Binsen, vermutlich habe die Israeliten die ganze Einweihung völlig anders geplant, als dass nun die Stadt und der Tempel in Rauch und Wolke gehüllt werden und die Anwesenden hustend kaum mehr ihre Hand vor den Augen sehen.

Doch sie freuen sich! Sie loben und preisen Gott und wischen das menschliche Desaster der geplatzten Feier grossherzig weg. Denn Gott ist da, Gott ist erschienen, er macht alle Versprechen wahr!

Ein fast dreitausend Jahre alter Bericht lehrt uns: Seien wir nicht fest gefahren, eingeschränkt, blind. Lehren wir auf das Plötzliche, Ungeplante, Unerwartete zu achten, denn dieser Gott lebt gewiss nicht in unseren Konzepten, Planungen und Vorschriften. Sondern er lebt dazwischen – dort, wo Menschen sich begegnen und wo Menschen an die göttliche Unverfügbarkeit glauben. Und ganz gewiss da, wo Menschen auf diesen Gott trauen, der Leben schafft, bewahrt und entgegen aller Vernunft auch durch den Tod hindurch erhält.


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