Es heisst im Lukasevangelium im Kapitel 24;
"Und noch zur selben Stunde standen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück und fanden die elf versammelt und die, welche zu ihnen gehörten; 34 die sagten: Der Herr ist tatsächlich auferweckt worden und dem Simon erschienen. 35 Und auch sie erzählten, was unterwegs geschehen war und wie er von ihnen am Brechen des Brotes erkannt worden war. 36 Während sie noch darüber redeten, trat er selbst in ihre Mitte, und er sagt zu ihnen: Friede sei mit euch! 37 Da gerieten sie in Angst und Schrecken und meinten, einen Geist zu sehen. 38 Und er sagte zu ihnen: Was seid ihr so verstört, und warum steigen solche Gedanken in euch auf? 39 Seht meine Hände und Füsse: Ich selbst bin es. Fasst mich an und seht! Ein Geist hat kein Fleisch und keine Knochen, wie ihr es an mir seht. 40 Und während er das sagte, zeigte er ihnen seine Hände und Füsse. 41 Da sie aber vor lauter Freude noch immer ungläubig waren und staunten, sagte er zu ihnen: Habt ihr etwas zu essen hier? 42 Da gaben sie ihm ein Stück gebratenen Fisch; 43 und er nahm es und ass es vor ihren Augen."
Dieser Abschnitt folgt unmittelbar auf das berühmte Erlebnis der Jünger auf dem Weg nach Emmaus. Die beiden Jünger kehren nach Jerusalem zurück und dort erscheint ihnen Jesus selbst.
Nach diesem Abschnitt endet das Evangelium mit der ersten Schilderung von Jesu Auffahrt ihn den Himmel.
Wir dürfen also annehmen, dass sich Lukas einiges überlegt hat, diese Episode zu schildern. Und interessanterweise findet sich ja diese Schilderung bei den anderen Evangelisten nicht. Vielleicht schockiert auch die drastische Leiblichkeit heute Lesende - obwohl wir eigentlich uns solche Körpervölle gwöhnt sein müssten. Kein Film, kein Internet-Bericht oder auch keine Tagesschau ohne die Demonstration mit Bildern. Insofern ist Lukas ungeheuer modern: Er demonstriert den Jüngern und Freunden von Jesu seine wirkliche Auferstehung. Es wirkt fast wie das Drehbuch eines Thrillers: Jesus tritt unvermittelt in die Mitte seiner Jünger - er braucht offensichtlich keine Türe und kein Schloss. Er zeigt sodann seine wirklichen Wundmale und anders als bei Johannes und dem ungläubig-gläubigen Thomas fordert Jesus die Jünger geradezu provokativ auf, diese zu berühren. "Fass mich an!" - welcher normale Mensch fasst denn in die Wunden eines andern? Und dann holt Jesus geradezu zum Meisterstück aus und isst vor den andern ein Stück gebratenen Fisch.
Warum Fisch und nicht Brot und warum gebratenen Fisch? Weil es um Lebensmittel geht. Ein Stück normaler Fisch hätte ja auch verschwinden können - Lebensmittel werden genossen und gegessen. Und Jesus isst vor ihnen.
Nun ist diese Schilderung natürlich zweifellos stark und pointiert. Allerdings müssen wir uns hüten, unsere modernen zeitgenössischen Fragen allzu direkt auf den alten Bericht einprasseln zu lassen. Denn für die Leser von Lukas' Evangelium waren nicht unsere Fragen die primären, sondern ihre eigenen. Für die Leser des Lukasevangelium war nicht eigentlich die Auferstehung das Problem. Damit haben fromme Juden, frühe Christen aber auch gebildete Griechen und Römer durchaus gerechnet. Aber eine solche Auferstehung haben sie sich als Veränderung, Transformation, Vergeistigung vorgestellt. Wenn nach dem Tod jemand wieder erscheint, dann gewiss als Geist, als Gesandter der Götter oder als sonst eine Erscheinung über der normalen Wirklichkeit. Aber gewiss nicht in Fleisch und Blut und gewiss nicht ohne weiteres erkennbar.
Darum wendet sich Lukas in seiner Schilderung so prominent gegen den Verdacht, Jesus könnte ein Geist sein. Denn für die zeitgenössischen Leser und Hörenden wäre ein Geist die völlig normale Erklärung gewesen. Jesus ist aber kein Geist, sondern Jesus ist Gottes auferweckter Sohn. Zwar in völlig anderer Art, aber erkennbar und wirklich.
Gleichzeitig spielt Lukas auf eine wichtige und häufig unterschätzte Differenz an: Jesus erscheint seinen Jüngern als erkennbarer Jesus in Fleisch und mit Knochen - und doch anders. Die Andersartigkeit ruht auf seinem Erscheinen. Aber auch darin, dass der den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus plötzlich abhanden gekommen war. Also so ganz und gar identisch wie vor seinem Tod scheint Jesus nicht zu sein. Das ist aber für Lukas kein Problem, denn er geht wie alle Evangelisten davon aus, dass Gott mit der Auferstehung Jesu etwas völlig Neues schafft. Er auferweckt Jesus als den Christus und setzt damit ausser Gang und Kraft, was bislang innerweltlich als das Gesetz des Lebens und des Sterbens galt. Es kommt zu einer neuen Schöpfung.
Und doch wahrt er die Kontinuität: Indem Jesus ein Stück gebratenen Fisch isst, also ein wirkliches, reales Lebensmittel isst, zeigt er die Angewiesenheit auf Gottes lebensspendende Kraft. Gott ist nicht fern, sondern Gottes Sohn isst als Auferstandener den gleichen Fisch wie seine Jünger. Diese Vorstellung sprengt alles bisherige. Es ist die wahrhaft nahe gekommene Auferstehung für uns. Kein wunderbares Göttertheater, keine Legende und kein Mythos, sondern das Leben selbst.
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